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Analyse: Österreichische Gasversorgung ohne Importe aus Russland
Handlungsoptionen, um Erdgasimporte aus Russland bis 2027 zu ersetzen und Importabhängigkeit bis 2030 zu verringern: einsparen, auf andere Lieferländer setzen und selbst erzeugen
Wien, 27. April 2022 – „Rund 80 Prozent des nach Österreich importierten Gases stammen aus Russland. Diese über Jahrzehnte gewachsene Abhängigkeit kann weder unmittelbar noch kurzfristig geändert werden. Bis 2027 ist es durch eine nationale und internationale Kraftanstrengung möglich, die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu beenden“, betont Franz Angerer, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur. Damit bringt er eine der Kernaussagen der Analyse „Strategische Handlungsoptionen für eine österreichische Gasversorgung ohne Importe aus Russland“, die die Österreichische Energieagentur im Auftrag des Klimaministeriums durchgeführt hat, auf den Punkt. Die Analyse skizziert die großen Handlungsfelder: „Die Handlungsoptionen für den Ersatz der Erdgasimporte aus Russland können sehr einfach in drei Punkten zusammengefasst werden. Erstens: Einsparen. Zweitens: Selbst produzieren - die heimische Erzeugung aufrecht erhalten und vor allem grünes Gas im Inland produzieren. Drittens: Diversifizieren der Lieferländer - Ausweitung der Importe aus zB Norwegen sowie von verflüssigtem Erdgas (LNG)“, so Angerer.
Zur Reduktion der Gasimporte aus Russland ist eine Kombination von verbrauchs- und aufbringungsseitigen Maßnahmen notwendig.
Um den Importbedarf auf niedrigeres Niveau zu bringen, ist einerseits die Aufbringung von erneuerbaren Gasen im Inland zu forcieren (plus 14 TWh). Anderseits muss insgesamt eine Reduktion des Gasverbrauchs (minus 29 TWh) durch die Umsetzung von zusätzlichen Energieeffizienzmaßnahmen und die beschleunigte Substitution des Einsatzes von Erdgas in verschiedenen Sektoren erreicht werden. Damit verringern sich sowohl der Gasverbrauch (60 TWh statt 89 TWh, minus 33% gegenüber dem Status-Quo) als auch der Importbedarf an Gas (36 TWh statt 79 TWh, minus 54% gegenüber dem Status-Quo) in signifikantem Ausmaß. Die Eigenproduktion von Erdgas ist auf einem Niveau zu halten, das jenem der letzten Jahre entspricht (10 TWh). Zudem ist der Import aus anderen Regionen als Russland (Norwegen und andere Länder Europas) in einem Ausmaß von 16 TWh beizubehalten. Durch das EU-Ziel der Einstellung von Importen aus Russland bis 2027 ergibt sich darüber hinaus ein zusätzlicher Diversifizierungsbedarf in der Höhe von 20 TWh, was 2030 in einem gesamten Importbedarf im Ausmaß von 36 TWh resultiert. Optionen sind alternative Importrouten sowohl für Pipeline-Gas als auch verflüssigtes Erdgas (LNG).
Übersicht über Handlungsoptionen für den Ersatz der Erdgasimporte aus Russland
„Kurzfristig muss die Gasversorgung diversifiziert werden. Es gilt alles zu unternehmen, um die heimische Erzeugung aufrecht zu erhalten und den Bezug aus europäischen Ländern, aber auch von LNG aus Übersee, auszuweiten“, betont Angerer. Die zusätzliche Diversifizierung der Erdgasimporte aus anderen Lieferländern nimmt bei der Reduktion der Importe aus Russland bis Ende 2027 eine wichtige Rolle ein.Der Bedarf an diesen Importen beläuft sich auf bis zu 34 TWh jährlich. Im Zeitraum zwischen 2027 und 2030 wird dieser aufgrund des Hochlaufs der inländischen erneuerbaren Alternativen sowie der Reduktion des Gasbedarfs wieder kleiner und geht bis 2030 auf 20 TWh zurück. Angerer ergänzt:„Der Ausbau der heimischen Grüngaserzeugung, sei es nun Biomethan oder grüner Wasserstoff, braucht Zeit. Es wird mehrere Jahre dauern, bis nennenswerte Mengen aus diesen Quellen zur Verfügung stehen.“
Die Abbildung unten stellt dies schematisch dar.
Schematische Darstellung | Ersatz der Erdgasimporte aus Russland bis 2027 und Reduktion der Importabhängigkeit bis 2030
„Die Nutzung von Erdgas ist grundsätzlich keine nachhaltige und dauerhafte Lösung. Aktuell beschäftigen uns die unsichere Versorgungslage und die enormen Preise von Erdgas. Wir dürfen aber auch nicht auf die Klimakrise vergessen. Alle drei Gründe zeigen uns, dass wir in Österreich gemeinsam alles daransetzen müssen, das Ziel der Klimaneutralität so rasch wie möglich zu erreichen“, schließt Angerer.