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Bund und Länder können ihre Klimaziele nur in enger Zusammenarbeit erreichen
Studie analysiert Klima- und Energieziele der Bundesländer und zeigt auf, welche Ergebnisse daraus bis 2030 österreichweit erreicht werden. Festzustellen ist, dass in vielen Fällen die Summe der Länderziele noch nicht die Ziele im aktuellen Regierungsprogramm ergeben. Zugleich werden aber auch die gegenseitigen Abhängigkeiten deutlich: Sowohl Bund als auch die Länder brauchen einander bei ihrer jeweiligen Zielerreichung.
Wien, 8. April 2021 – „Um die Klima- und Energieziele in Österreich zu erreichen, ist eine enge und gut abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern notwendig“, zieht Günter Pauritsch von der Österreichischen Energieagentur ein Fazit zu der Studie „Klima- und Energiestrategien der Länder - Energie, Treibhausgasemissionen und die Kongruenz von Länder- und Bundeszielen“, die im Auftrag der IG Windkraft, von Photovoltaic Austria, Kleinwasserkraft Österreich und des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) erstellt wurde.
Jede Umsetzung von Maßnahmen – auch jene des Bundes – findet in den Energiesystemen und -bilanzen der Länder ihren Niederschlag. Umgekehrt bilden sich die unterschiedlichen Zielsetzungen und Strategien der Länder in einer gesamtösterreichischen Zielerreichung ab. „Idealerweise entspricht die Summe der Länderziele für eine Zielgröße, wie etwa den erneuerbaren Anteil am Stromverbrauch, dem Bundesziel“, erläutert Pauritsch. Dabei sei allerdings zu beachten, dass Ziele und Strategie der Bundesländer zumeist bereits vor dem aktuellen Regierungsprogramm der Bundesregierung und damit auch vor dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz entwickelt wurden.
Die Analyse der Österreichischen Energieagentur bietet einen Überblick über die Aktivitäten sowie Ziele der Bundesländer und leitet daraus ab, in wie weit diese mit den nationalen Zielsetzungen übereinstimmen. Sind Differenzen vorhanden, wird ein zusätzlicher so genannter „Zielanpassungsbedarf“ aufgezeigt.
Die Ausbauziele der Länder ergeben noch nicht 100 % erneuerbaren Strom für Österreich bis 2030
Das aktuelle Regierungsprogramm beinhaltet das Ziel, dass Österreich bis 2030 über das Jahr gerechnet zu 100 % mit Strom aus heimischen erneuerbaren Energieträgern versorgt ist. Dafür ist vorgesehen, die jährliche Stromerzeugung aus Wasser, Wind, Sonne und Biomasse von 2020 bis 2030 um 27 TWh auszubauen. „Die derzeitigen Ziele der Bundesländer ergeben in Summe einen Zubau von 10,4 TWh, das entspricht ca. 40 % des nationalen Ausbaubedarfs“, fasst Pauritsch zusammen. Demnach müssten die Ziele für den Zubau bis 2030 im Ausmaß von zumindest 16,6 TWh erhöht werden. Heruntergebrochen auf die unterschiedlichen Energieträger bedeutet das: Bei der Wasserkraft müssen die Ausbauziele in den Bundesändern bis 2030 um zumindest 2,2 TWh erhöht werden, bei der Windkraft um 5,2 TWh. Bei Photovoltaik sind zusätzliche 8,2 TWh und bei der „erneuerbaren Wärmekraft“1 zusätzliche 1,0 TWh bis 2030 notwendig.
Diskussionsgrundlage: So viel erneuerbaren Strom könnte jedes Bundesland ausbauen
„Die realisierbaren Potenziale für Wasser, Wind, Sonne und Biomasse sind in den Ländern vorhanden, um bis 2030 über das Jahr gerechnet 100 Prozent umweltverträgliche erneuerbare Stromaufbringung in Österreich zu erreichen“, betont Pauritsch (Details in dieser Presseinformation). In der aktuellen Studie wird ein potentialbasierter Ansatz nach dem Prinzip der noch verfügbaren Möglichkeiten für die künftige Aufteilung des Ausbaus der erneuerbaren Stromerzeugung vorgestellt, der als Diskussionsgrundlage dienen kann. Demnach könnten sich die im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz festgelegten zusätzlichen 27 TWh folgendermaßen aufteilen:
„Nicht alle Bundesländer haben die Möglichkeit, das Ziel von 100 % erneuerbarem Strom zu erreichen“, gibt Pauritsch zu bedenken. Als Beispiel führt er Wien an, das etwa nicht über dafür ausreichende Flächen für Windkraft oder Potential für Wasserkraft, aber gleichzeitig über eine sehr hohe Bevölkerungsdichte verfügt. Aber auch in anderen Bundesländern gebe es Herausforderungen. Demnach müssten künftig manche Bundesländer mit guten Voraussetzungen mehr als den selbst benötigten erneuerbaren Strom erzeugen, um die gesamt-österreichischen Ziele zu erreichen. „Neben der bestmöglichen Kooperation zwischen Bund und Ländern wird es auch Solidarität zwischen den Bundesländern benötigen. Um die Klimakrise abzuwenden, gilt es sich gegenseitig auszuhelfen – um gemeinsam als ganz Österreich eine lebenswerte Zukunft zu gestalten“, so Pauritsch.
Anpassungsbedarf bei den Treibhausgas-Zielen
Laut aktuell gültigem EU-Klimaziel hat sich Österreich verpflichtet, im Bereich außerhalb des Emissionshandels (EH) die Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 36 % zu verringern. Im Jahr 2017 wurden in den Nicht-EH-Sektoren österreichweit 51,7 Mio. t CO2-Äquivalent ausgestoßen. Das entspricht einer Reduktion um 9 % gegenüber 2005. Damit fehlen noch signifikante Emissionsreduktionen.
„Es zeigt sich, dass der Gebäudesektor in fast allen Bundesländern auf Zielkurs ist. Der Verkehrssektor, die Sektoren Energie und Industrie außerhalb des Emissionshandels und der Landwirtschaftssektor weichen jedoch stark vom Zielkurs ab“, analysiert Pauritsch. Er weist jedoch auch darauf hin, dass sich im Bereich Land- und Forstwirtschaft auch die so genannten CO2-Senken befinden. Entsprechende Maßnahmen, wie etwa Verdichtung oder Schaffung von zusätzlichem Wald, wurden in dieser Analyse nicht bewertet. „Für 2030 haben sich alle neun Bundesländer Treibhausgas-Ziele gesetzt“, so Pauritsch. Zusammengezählt kommen diese Länderziele auf ein Minus von 31 %, wobei ein Zielanpassungsbedarf vom 5 % verbleibt.
Allerdings wurden auf EU-Ebene die Treibhausgas-Emissions-Ziele verschärft, es wird nun eine Reduktion von 55 % von 1990 bis 2030 abgestrebt. „Um die neuen EU-Treibhausgas-Ziele zu erreichen, werden künftig noch deutlich anspruchsvollere Zielsetzungen in diesem Bereich erforderlich sein“, gibt Pauritsch zu bedenken.
Mehr Erneuerbare – nicht nur bei Strom, sondern auch bei Wärme und Verkehr
Der Anteil erneuerbarer Energieträger muss allerdings nicht nur bei Strom steigen. Für den Zeitraum bis 2030 gibt es das EU-weite Ziel, den Anteil erneuerbarer Energieträger am Bruttoendenergieverbrauch auf mindestens 32 % zu steigern. National soll der Erneuerbaren-Anteil bis 2030 laut Nationalem Energie- und Klimaplan auf 46 bis 50 % erhöht werden. Dies umfasst neben dem Stromsektor auch die Bereiche Wärme und Verkehr. Mit den in den derzeitigen Plänen der Bundesländer geplanten Vorhaben würde der Anteil an erneuerbaren Energieträgern in Österreich bis 2030 nur ca. 39 % erreichen. Es fehlen 7 bis 11 %.
Details zur Studie „Klima- und Energiestrategien der Länder - Energie, Treibhausgasemissionen und die Kongruenz von Länder- und Bundeszielen“
Über die Österreichische Energieagentur – Austrian Energy Agency (AEA)
Die Österreichische Energieagentur liefert Antworten für die klimaneutrale Zukunft: Ziel ist es, unser Leben und Wirtschaften so auszurichten, dass kein Einfluss mehr auf unser Klima gegeben ist. Neue Technologien, Effizienz sowie die Nutzung von natürlichen Ressourcen wie Sonne, Wasser, Wind und Wald stehen im Mittelpunkt der Lösungen. Dadurch wird für uns und unsere Kinder das Leben in einer intakten Umwelt gesichert und die ökologische Vielfalt erhalten, ohne dabei von Kohle, Öl, Erdgas oder Atomkraft abhängig zu sein. Das ist die missionzero der Österreichischen Energieagentur.
Mehr als 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus vielfältigen Fachrichtungen beraten auf wissenschaftlicher Basis Politik, Wirtschaft, Verwaltung sowie internationale Organisationen. Sie unterstützen diese beim Umbau des Energiesystems sowie bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise.
Die Österreichische Energieagentur setzt zudem im Auftrag des Bundes die Klimaschutzinitiative klimaaktiv um und ist die Nationale Energieeffizienz-Monitoringstelle. Der Bund, alle Bundesländer, bedeutende Unternehmen der Energiewirtschaft und der Transportbranche, Interessenverbände sowie wissenschaftliche Organisationen sind Mitglieder dieser Agentur.
Im Podcast Petajoule beantworten die Expertinnen und Experten der Österreichischen Energieagentur mit Gästen aus der Energiebranche die Fragen der Energiezukunft.
Rückfragehinweis:
Mag. Klaus Kraigher, MAS
Österreichische Energieagentur – Austrian Energy Agency
Tel.: +43 (0) 1-586 15 24-174
E-Mail: pr@energyagency.at
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